Shopsysteme für den Online Direktvertrieb – SaaS, PaaS oder On-Premise?

Für den Direct-to-Consumer Ansatz müssen Shopsysteme schnell und ohne großen technischen Aufwand integrierbar sein. Welcher technische Ansatz ist hierfür geeignet?

Saas oder On-Premise Shopsystem titelbild

Ein Direct-to-Consumer Ansatz im E-Commerce eröffnet Herstellern und Marken neue Möglichkeiten Zusatzumsatz zu generieren. Allerdings bringt der Ansatz auch neue Anforderungen mit sich. Unter anderem den Aufbau einer E-Commerce Infrastruktur. Ein entscheidender Baustein ist dabei das Shopsystem. Aber welcher Ansatz ist passend -SaaS oder On-Premise?

SaaS oder On-Premise Shopsysteme – technologische Unterschiede

Saas oder On-Premise Shopsystem

Shopsystemanbieter wie Shopify werben damit, bereits nach wenigen Stunden Einrichtungszeit mit dem eigenen Shop verkaufen zu können. Die technologische Basis dafür bildet SaaS. Saas steht für Software-as-a-Service. Prinzipiell besteht der Unterschied zwischen SaaS- und On-Premise-Shopsystemen darin, dass SaaS-Lösungen von einem Drittanbieter gehostet und gewartet werden. Als Shopbetreiber müssen Sie sich also weder um Hosting noch um Updates kümmern (zumindest nicht für das Shopsystem, evtl. aber für Plugins). On-Premise-Lösungen werden dagegen vom Unternehmen selbst bzw. einem beauftragten Dienstleister gehostet.

SaaS-Shopsysteme

Software-as-a-Service-Shopsysteme, auch Onlineshop aus der Cloud werden als Mietmodell angeboten. Das Preismodell ist meist eine monatliche oder jährliche Gebühr. Oft gibt es Abstufungen nach Funktionsumfang, wonach sich dann der Preis richtet.

Der Betrieb eines SaaS Shopsystems als Cloud-basiertes Shopsystem ist in der Nutzungsgebühr enthalten, also auch das Hosting, das Einspielen von Updates und Sicherheits-Patches. Gegenüber selbst gehosteten Installationen, sind die initialen Kosten für Lizenzen und Shop-Implementierung in der Regel geringer.

Beispiele: Plentymarkets, Shopify, ePages, Wix. Verbreitete SaaS-Shopsysteme für größere Onlineshops sind Salesforce Cloud, SAP Commerce Cloud, Commercetools, Scayle, Intellishop. Shopware bietet sein Shopsystem sowohl als On-Premise als auch als PaaS oder SaaS-Lösung an.

Ein wichtiger Vorteil von Saas Shopsystemen ist die Performance. In Zeiten mit Peaks (z.B. Black Friday, Weihnachtsgeschäft) skalieren die Server der Cloud automatisch. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass dies nicht für alle implementierten Plugins/Apps gilt, die das System empfindlich ausbremsen können.

Vorteile

Nachteile/Risiken

  • schneller Go-To-Market
  • relativ geringere Anfangsinvestition
  • fertige Templates verfügbar
  • Funktionen durch Plugins / Module erweiterbar
  • Frontend mit geringen oder ohne Programmierkenntnisse anpassbar
  • kein Hosting, keine Updates notwendig
  • Performance ist gewährleistet für User weltweit
  • gute Skalierbarkeit
  • Headless-Ansatz möglich
  • geringere Individualisierbarkeit
  • geringerer Funktionsumfang (durch Module erweiterbar)
  • höhere Abhängigkeit vom Hersteller (z.B. Einschränkungen bei der Auswahl von Erweiterungen oder Payment-Anbietern)
  • ggf. höhere Abhängigkeit von Drittanbietern (Plugins, Apps)
  • i.d.R. höhere Folgekosten
  • Grenzen der Individualisierbarkeit (= Grenzen der API, da keine DB angesprochen werden kann)

On-Premise Shopsysteme

Viele Shopsystem-Anbieter bieten ihre Shop-Software mit mehreren Preisplänen an. Ein höherer Preisplan beinhaltet in der Regel auch einen größeren Funktionsumfang der Software. Bei Shopify reduziert ein höherer Preisplan gleichzeitig die Gebühren für das integrierte Shopify-Payment. Das Lizenz-Modell bei Shopify Plus ist Umsatz-abhängig mit einer festen Basis-Gebühr von aktuell 2.000 US Dollar pro Shop-Instanz (Stand Juli 2023).

Vorteile

Nachteile/Risiken

  • i.d.R. geringere Folgekosten
  • geringere Abhängigkeit vom Hersteller
  • höherer Grad der Individualisierbarkeit (auch Datenbankfunktionen)
  • höherer Funktionsumfang
  • fertige Templates verfügbar
  • Funktionen individuell oder mit Plugins erweiterbar
  • Frontend anpassbar (je nach Shopsystem
  • mehr Kontrolle über die eigenen Daten
  • Headless-Ansatz möglich
  • i.d.R. höhere Anfangsinvestition (Hardware)
  • höhere Abhängigkeit von Dienstleistern (oder eigene IT)
  • Aufwände für Wartung, Updates, Hardware
  • ggf. höherer Migrationsaufwand
  • Risiko Produktlaufzeit: Was tun, wenn der Hersteller-Support für das Shopsystem endet?

PaaS-Shopsysteme

PaaS wird (ähnliche wie SaaS) online bereitgestellt. Bei PaaS nutzen Sie als Shopbetreiber aber nicht nur die Shopsoftware, sondern greifen auf eine Cloud-Plattform zu, um Software selbst herzustellen bzw. zu erweitern.

PaaS ist das Akronym für Platform-as-a-Service. Die Plattform bietet Entwicklern ein Framework, um maßgeschneiderte Software, z.B. Funktionserweiterungen, zu entwickeln. Das kann auch ein Software Development Kit beinhalten.

SDKs unterstützen Entwickler, ihre Anwendungen einfacher in die Dienste eines Anbieters zu integrieren. Zu einem SDK gehören Dokumentation, Programmierschnittstellen (APIs), Codebeispiele und/oder Libraries. Beispiele für PaaS Shopsysteme sind Shopware, Adobe Commerce Cloud oder Spryker.

Ein PaaS Shopsystem zu nutzen ist in der Regel sinnvoll, wenn man hohe Anforderungen an Individualisierung des Systems hat und mit einem eigenen Webentwickler Team arbeitet.

IaaS – Infrastructure-as-a-Service

Shopbetreiber können ihr On-Premise Shopsystem auch mittels IaaS betreiben. So verfügen sie über eine vollständige Cloud-Computing-Infrastruktur, einschließlich Netzwerke, Server, Betriebssysteme und Rechenzentren bzw. Datenspeicher. Sie erhalten von ihrem IaaS-Provider vollständigen Zugang zu diesen Komponenten.

Der IaaS-Provider ist für die Verwaltung und Wartung von Servern, Festplatten, Speichern und Virtualisierungstools zuständig. Applikationen, Laufzeit, OS, Middleware und Daten liegen jedoch in Ihrem Verantwortungsbereich.

Die Nutzung von IaaS erfordert in der Regel spezialisierte Kenntnisse seitens des technischen Dienstleisters. Sie sollten vorab eine Aufwand- Nutzen Kalkulation mit Ihrem Dienstleister anhand Ihrer individuellen Anforderungen durchführen.

Die wichtigsten Anbieter von IaaS Lösungen:

  • Amazon Web Services (AWS)
  • Google Compute Engine (GCE)
  • IBM Cloud
  • Microsoft Azure

CDN – Content Delivery Network

Auch wenn Sie einen Onlineshop als On-Premise Lösung betreiben, können Sie cloudbasierte Lösungen für die Medienverwaltung des Onlineshops einbinden. Damit lassen sich Media Assets (Bilder, Videos, Dokumente), also große Datenmengen unabhängig vom Hosting ihres Shops auslagern. Sie steigern damit die Performance Ihres Onlineshops und ermöglichen Besuchern Ihres Shops eine schnellere Verfügbarkeit der Medien.

Moderne Software-Unternehmen hosten ihre Anwendungen auf einem Netzwerk von geografisch verteilten Servern (Content Delivery Networks oder CDN), wodurch die Übertragung von Medien an Webseiten und Onlineshops drastisch beschleunigt wird.

Onlineshop Kaufen oder Mieten – eine Grundsatzentscheidung

Während Shopsysteme, die als SaaS-Lösung angeboten werden, Lizenzkosten mit monatlicher oder jährlicher Zahlungsweise anbieten, können Sie bei On-Premise Shopsystemen oft zwischen einmaligem Erwerb bzw. Kauf oder einem Mietmodell wählen. Neben der Entscheidung, welches Shopsystem die passende technische Lösung ist, gibt es also noch eine wichtige kaufmännische Entscheidung zu treffen, welches Lizenzmodell und Bezahlmodell das passende ist.

Diese Entscheidungen sollten sie nach ihren Zielen, den Hauptanforderungen an das Shopsystem, die Anforderungen individueller technischer Anpassungen und ihrer (Wachstums-)Strategie treffen. Wichtigstes Kriterium dürfte dabei die Total Cost of Ownership (TCO) sein. Die Matrix unten zeigt in vereinfachter und übersichtlicher Form mögliche Lösungsoptionen.

Kauf

Miete

  • höhere Anfangsinvestition
  • i.d.R. geringere Folgekosten
  • i.d.R. höhere Folgekosten
  • geringere Anfangsinvestition, höhere Liquidität

Pricing für Shopsysteme

Viele Shopsystem-Hersteller bieten ihre Shop-Software mit mehreren Preisplänen an. Ein höherer Preisplan beinhaltet in der Regel auch einen größeren Funktionsumfang der Software. Bei Shopify reduziert ein höherer Preisplan gleichzeitig die Gebühren für das integrierte Shopify-Payment. Das Lizenz-Modell bei Shopify Plus ist Umsatz-abhängig mit einer festen Basis-Gebühr von aktuell 2.000 US Dollar pro Shop-Instanz (Stand Juli 2023).

Shopify Pricing ->
Shopware Pricing ->
Wix Pricing ->
Preisinformationen für Adobe Commerce, Oxid eSales, Salesforce Commerce Cloud, SAP Commerce Cloud, OroCommerce gibt es nur auf Anfrage beim Hersteller. Meist kann individuell verhandelt werden.

Anforderungen an D2C Onlineshops

Marken oder Hersteller, die direkt an Endkunden verkaufen wollen, müssen eine Reihe von Herausforderungen bewältigen. Das Shopsystem sollte daher einen schneller Einstieg, hohe und einfache Skalierbarkeit sowie eine große Flexibilität ermöglichen. In einem Beitrag von 2022 habe ich bereits die spezifischen Anforderungen an ein Shopsystem für einen D2C-Ansatz beschrieben. -> zum Beitrag

Die MACH-Architektur

Die MACH-Architektur ist ein Gegenentwurf zu traditionellen monolithischen Systemarchitekturen bzw. All-in-One-Lösungen. Eine Mach-Systeminfrastruktur soll sicherstellen, dass Unternehmen schnell innovieren und agil auf Kundenbedürfnisse eingehen können. Dafür müssen sie eine modulare und jederzeit erweiterbare Architektur besitzen.

Dabei steht MACH für Microservices-basiert, API-first, Cloud-native und Headless. Die Architektur beruht auf der Überzeugung, dass Unternehmen ein hohes Maß an Kontrolle und Flexibilität benötigen, um sich an die ständig ändernden Anforderungen an die komplexe E-Commerce Systemlandschaft flexibel und schnell anpassen zu können.

Kern dieser Annahme ist, dass die besten Commerce-Komponenten im Sinne eines Best of Breed Ansatzes, ihre begrenzte Rolle (Funktion) am besten erfüllen. Die einzelnen Komponenten sollen aber möglichst einfach austauschbar sein. Somit ist das Gesamtsystem modular aufgebaut.

Nach diesem Ansatz sollte sich das Shopsystem auf seine Kernaufgaben und Kernprozesse konzentrieren: Produktkatalog > Warenkorb > Checkout. Weitere Funktionalitäten wie (z.B. Order Management, Kundenkommunikation, Produktmanagement, Kundenmanagement, usw.) sollten dagegen besser von anderen Systemen übernommen werden, die das besser können (z.B. OMS, Marketing Plattform, PIM-System, CRM, usw.). Um diesen Ansatz umsetzen zu können, müssen die Systeme bestmöglich über APIs integriert werden können.

Eine gute Übersicht zur MACH-Architektur gibt es auf der Commercetools Website.

Fazit: SaaS oder On-Premise Shopsystem: Die passende Shop-Technologie

Für welchen Shopbetreiber ist welche Technologie nun aber die passende Lösung?

Verkürzt gesagt, bietet eine SaaS-Shoplösung einen schnellen und vergleichsweise kostengünstigen Einstieg in den Onlinehandel. Da SaaS-Shoplösungen eher standardisiert sind, sind sie besonders geeignet für den B2C-Handel mit einer überschaubaren Artikelmenge und wenig Artikel-Besonderheiten (keine Abo-Produkte, Maßanfertigung, digitale Produkte usw.).

Dagegen ist ein On-Premise geeignet für B2C- und B2B-Märkte, größere Artikelmengen, umfangreichen Anpassungen und individuellen Anforderungen.

Allerdings können auch SaaS-basierte Shopsysteme eine hohe Individualisierbarkeit bieten, insbesondere wenn sie innerhalb einer E-Commerce Systemarchitektur eingebunden sind. Da jedes Shopsystem etwas andere Schwerpunkte setzt, muss hier natürlich eine differnziertere Auswahl nach Anforderungen und strategischer Zielsetzung erfolgen.

SaaS oder On-Premise Shopsystem

Linkliste

Beitrag D2C-Anforderungen an Shopsysteme ->

Übersicht SAAS-Shopsysteme in der t3n ->.

Shopify Pricing ->
Shopware Pricing ->
Wix Pricing ->

Übersicht zur MACH-Architektur auf der Commercetools Website ->