Cut-Over Planung – was es bei der Einführung eines neuen Shopsystems zu beachten gilt.

Unter Cut-Over versteht man die kontrollierte Überführung eines neuen Shopsystems in den operativen Betrieb.

Worauf sollten Sie in der kritischen Übergangsphase vom alten ins neue Shopsystem achten und wie können Sie Risiken reduzieren?

Cut-over shopsystem grafik

Der eigentliche Cut-Over (Cutover) sollte gut vorbereitet sein. Denn die Cut-Over Phase, also der Übergangsprozess vom alten zum neuen Shopsystem, betrifft nicht nur alle mit dem Betrieb des Onlinehandels beteiligten Abteilungen. Zudem müssen die mit der Implementierung des neuen Shopsystems befassten Teams und Dienstleister eingebunden werden.

Die Einführung eines neuen Shopsystems bedeutet in der Regel auch den Übergang von der alten in eine neue Prozesswelt. Dabei müssen die Prozesse des alten und neuen Shopsystems zunächst miteinander verzahnt werden. Umfangreiche Migrationen sowie die Transformation von großen Datenmengen müssen geplant und durchgeführt werden.

Die Ziele und Inhalte des Cut-Over

Cut-Over Ziele Grafik

Ein Cut-Over Projekt für ein Shopsystem lässt sich als Teilprojekt betrachten. Das Gesamtprojekt ist dabei die Implementierung einer neuen Shopsoftware. Das Cut-Over Projekt setzt voraus, dass alle Funktionalitäten innerhalb des MVPs der neuen Shop-Software bereits implementiert und erfolgreich getestet sind. Während der Cut-Over Ausführungsphase, also der kritischen Go-Live Phase, sollten keine weiteren Software-Inkremente implementiert werden.

Deshalb muss unbedingt eine Phase des Feature-Freeze (Code-Freeze) eingeplant werden. Je nach Projektumfang sollten ca. 2-4 Wochen vor und ca. 1-2 Wochen nach dem eigentlichen Go-Live keine Änderungen mehr am Code durchgeführt werden.

Das Cut-Over Team

Cut-Over Shopsystem Team grafik

In der Projektphase des Cut-Over müssen alle Stakeholder des Gesamtprojektes einbezogen werden. Das heisst, alle beteiligten Personen, Teams und Abteilungen, einschließlich Partner und Dienstleister.

Das stellt entsprechende Anforderungen an das Projektmanagement. In großen Projekten kann dafür die Rolle des Cut-Over Managers geschaffen werden. Oft wird diese Rolle aber vom Projektmanagement eingenommen, ggf. in Zusammenarbeit mit dem Product Owner.

RolleVerantwortungProjektphase
Cut-Over-Managerverantwortlich für Planung und Umsetzung des Cutover-Projekts; trägt die GesamtverantwortungPlanung, Ausführung
Product Ownerverantwortlich für Planung (und z.T. Umsetzung) des Cutover-ProjektsPlanung (Ausführung)
Requirements Engineerverantwortlich für Planung des Cutover-ProjektsPlanung
Entwickler-TeamDatenmigrationen, Schnittstellen, Testing, DebuggingPlanung, Ausführung
IT (interne Systeme)Unterstützung bei Datenmigrations-Projekten, Schnittstellen, TestingPlanung, Ausführung
ERP-TeamTestingAusführung
PIM-TeamTestingAusführung
Customer ServiceTestingAusführung
Logistik-TeamTestingAusführung
Marketing-TeamTestingAusführung

Vorgehensmodell: Die Phasen des Cut-Over

Bei der Beschreibung des Cut-Over Vorgehensmodells unterscheide ich zunächst zwischen Planung und Ausführung. Um zu einer guten Cut-Over Planung zu kommen, unterteile ich die Phasen des Cut-Over in jeweils drei Phasen.

Cut-Over Vorgehensmodell Phasen grafik

I Cut-Over Strategie

Geplanter Cut-Over Ansatz für das Shopsystem: Welche Systeme der E-Commerce Infrastruktur bilden welche Prozesse ab? Welche Prozesse müssen abgelöst werden? Welche Legacy-Systeme bleiben zunächst erhalten? Wie können diese in die neue Infrastruktur integriert werden?

  • grobe Cut-Over Timeline
  • Organisation und Verantwortlichkeiten
  • Risiken, Krisenpläne und Fallbacks
  • Anforderungen, Akzeptanzkriterien
  • beteiligte Systeme und notwendige Tests
  • Kommunikation, Ansprechpartner

II Daten-Check

Ein Daten-Check sollte unbedingt bereits in der Vorbereitungsphase zum Go-Live erfolgen. Da eine unzureichende Datenqualität Projekte extrem verzögern und verteuern kann, ist der Daten-Check quasi als eigenes Projekt zu verstehen: Welche Daten aus welchen beteiligten Systemen müssen migriert werden? Sind die Daten in der benötigten Qualität vorhanden? Sind die Daten in der benötigten Struktur vorhanden? Welche Maßnahmen müssen ergriffen werden, um die Datenqualität sicherzustellen?

  • Migrationsplanung
  • Organisation und Verantwortlichkeiten für verschiedene Daten
  • Möglichkeiten und Notwendigkeiten der Datenübertragung
  • Priorisierung
  • Qualitätskriterien

III Cut-Over Planung

Nun kann die eigentliche Planung der Vorgehensweise beim Cut-Over erfolgen. Diese besteht letztendlich aus kleinteiligen und detaillierten Tasks, die in Abhängigkeit zueinander durchgeführt werden müssen.

  • Erstellen eines detailiierten Projektplans für das Cut-Over
  • Ressourcenplanung, Urlaubsplanung
  • Planung der Datenmigrationsprojekte
  • Planung der Tests und Testphasen
  • Dokumentieren/Historisieren von Tasks
  • ggf. Downtime-Planung
Cut-Over Shopsystem Planung grafik

Für den neuen Onlineshops sollen oft komplett neue Inhalte erstellet werden, unabhängig von den Produktdaten. Das sind z.B. Inhalte für die Startseite, Landingpages, Kategorieseiten, Content-Seiten zu Filialen, usw. Achten Sie bei der Planung darauf, die Erstellung von neuem Content zeitlich einzuplanen. Hierfür ist oft ein eigenes Kanban-Board hilfreich, das zusätzlich zum eigentlichen Projekt-Board geführt wird.

IV Datenmigration

Die Migration der verschiedenen Daten kann in mehreren Phasen erfolgen. Bei Kundendaten z.B. sollte ein initialer Gesamtimport aus dem alten in das neue System bereits einige Zeit vor Go-Live erfolgen. Das neue System kann dann mit Echtdaten getestet werden. Unmittelbar zum bzw. nach Go-Live muss dann ein weiterer Import erfolgen. Dieser beinhaltet idealerweise nur das Daten-Delta, also all jene Kunden und Kundinnen, die sich zwischenzeitlich registriert haben.

Die Daten-Importe können, je nach beteiligten Systemen, Datenmengen und Datenstrukturen, sehr aufwändig werden. Daher ist eine detallierte Planung vorab so wichtig.

In den meisten Projektzusammenhängen werden Sie mit den Produktdaten beginnen, da diese elementar für das Funktionieren des Shopsystems und aller darauffolgenden Prozesse sind. Denn: Ohne Produktdaten (vollständig und in der erwarteten Struktur) gibt es keinen neuen Shop.

Die wichtigsten Datenmigrationen in den neuen Shop

Je nach E-Commerce Infrastruktur, müssen nicht alle für den Bestellprozess benötigte Daten bereits (vollständig) im Shop vorliegen. Die Übersicht unten zeigt dennoch die wichtigsten Daten, die bei den meisten Cut-Over Projekten migriert werden müssen.

Daten AltsystemRisiken, Herausvorderung
ProduktdatenPIM, Legacy-Shopsystem, WaWi, ERPi.d.R. große Datenmenge, benötigte Datenstruktur, Vollständigkeit: Attribute, Varianten, Media-Assets, Kategorien
KundendatenCRM, CDP, Legacy-Shopsystem, ERPDelta-Import möglich? Datenqualität? Bestell-Historie exportierbar?
ContentCMS, Legacy-ShopsystemLässt sich Shop-Content exportieren? mehrsprachiger Content?
KundenidentitätenIdP, Legacy ShopsystemIst bereits ein Authentifizierungsdienst im Einsatz? Müssen neue Anmeldedaten vergeben werden?
Kundenbewertungenexternes Tool oder Plugin, externer Anbieter, Legacy-ShopsystemBewertungen exportierbar?
Bestand, VerfügbarkeitERP, Fullfilment, Logistik, WaWi, Legacy-Shopsystemi.d.R. Echtzeit-Daten, Schnittstelle(n)
PreiseERP, PIM, Pricing-Engine, WaWi, Legacy-ShopsystemVollständigkeit, Preise für Kundengruppen, korrekte Streichpreise (auch bei Varianten)?

Innerhalb jedes Migrationsprojektes ist ein Check der Daten unerlässlich: Sind alle Produktdaten vollständig und werden diese korrekt angezeigt? Sind alle Assets/Bilder vorhanden? Werden alle Preise korrekt angezeigt, auch Grundpreise und Streichpreise? Sind alle Kundendaten vollständig?

V Cut-Over Readiness Check

Eine valide Auskunft, ob ein Go-Live des neuen Shopsystems stattfinden kann, kann erst durch umfangreiches Testing geben. Dies umfasst Lasttests mit Echtdaten sowie End-to-End Tests durch alle beteiligten Systeme. Der Readiness Check dient dazu, das Risiko von Fehlern im Live-System zu minimieren.

  • Simulation der produktiven Umgebung und aller Prozesse
  • Testing und Debugging
  • Daten-Check
  • Content-Check
  • Konfigurations-Check
  • Auswertung und Dokumentation, ggf. Tasks formulieren

VI Go-Live

Diese Phase umfasst den eigentlichen Go-Live, also die Inbetriebnahme des neuen Shopsystems als Produktivsystem und den Zugang über die gewünschte URL im Internet.

  • Anpassung der URL-Struktur, auch für API-Endpunkte
  • ggf. internationale URL-Struktur
  • Nameserver-Einträge
  • Redirects einrichten
  • Payment-Check im Produktivsystem
  • SEO-Check
  • Testing, Debugging
  • Sicherstellen Hypercare-Support

URLs, Redirects und SEO-Check

Vor dem Relaunch und unmittelbar zum Go-Live ihres neuen Onlineshops sind eine Reihe von SEO-Maßnahmen empfehlenswert.

Um hier nichts zu übersehen und das Risiko eines Ranking-Verlusts nach Go-Live zu vermeiden, lesen Sie meinen Beitrag zum SEO-Check. Dort stelle ich auch eine hilfreiche SEO-Checkliste zur Verfügung!


Fazit

Der Cut-Over eines neuen Shopsystems erfordert eine gute Planung und gute Projekt-Übersicht. Nehmen Sie die Planungsphase ernst und rechnen Sie dafür genügend Ressourcen ein. Beginnen Sie mit der Cut-Over Strategie, Daten-Check und gehen dann zur eigentlichen Cut-Over Planung über.

Die Ausführungsphase besteht aus Datenmigration (meist mehrere Teilprojekte), dem Readiness-Check und der eigentlichen kritischen Go-Live Phase.

Hier manifestiert sich oft, was vorab versäumt wurde. Eine weitere Herausforderung des Cut-Over ist die Einbeziehung aller am Betrieb und Aufbau des neuen Shopsystems beteiligten Abteilungen und Dienstleister, z.B. für umfangreiche Tests durch alle Systeme.

Um ein zuvor erreichtes Ranking Ihres Onlineshops nicht zu verlieren, können Sie die hier zum Download angebotenen SEO-Checklisten verwenden. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg bei Relaunch Ihres Shopsystems!

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