Streichpreise in Onlineshops – OMNIBUS, da war doch was?

Wie Sie die ONMIBUS-Richtlinie umsetzen und dabei Vertrauen und Kundenbindung schaffen.

Preise-Rabatte-Onlineshop

Deutschland ist Abmahn-Land. Das nervt nicht nur Online-Händler. Ausserdem macht es Arbeit, die man lieber in wertschöpfende Maßnahmen stecken würde. Um der nächsten Abmahnwelle zu entgehen, sind Onlinehändler dazu gezwungen, ihren Onlineshop regelmäßig an sich verändernde rechtliche Vorschriften anzupassen.

Streichpreise und Rabatte im Onlineshop

Die rechtliche Grundlage bildet die OMNIBUS-Richtlinie (Richtlinie (EU) 2019/2161), die zahlreiche Anpassungen im Verbraucher- und Wettbewerbsrecht mit sich bringt. Stichtag zur Umsetzung war der 28. Mai 2022.

Die Sinnhaftigkeit der einzelnen rechtlichen Regelungen möchte ich hier lieber nicht hinterfragen. Die eine oder andere Regelung scheint mir dabei auf mangelndem technischen Verständnis zu beruhen. Im Zweifelsfall wird es dann zu Lasten der Händler ausgelegt.

Die wichtigsten Punkte der OMNIBUS-Richtlinie für Onlinehändler

Hier noch einmal kurz die Punkte der Richtlinie, die für Onlinehändler mit eigenem Onlineshop relevant sind:

  • Rabattierte Preise und 30-Tage-Vergleichspreis: Bei Rabattaktionen muss der niedrigste Preis angegeben werden, der innerhalb der letzten – mindestens – 30 Tage vor der Preisermäßigung angewandt wurde.
  • Produktbewertungen: Händler müssen bei Produktbewertungen angeben, ob diese auf ihre Echtheit geprüft werden. Findet eine Überprüfung statt, muss auch über das Wie informiert werden
  • Änderungen in der Widerrufsbelehrung für digitale Produkte
  • Grundpreis: Hier haben sich eineige Regelungen zur Darstellung des Grundpreises verändert.

Weitere Punkte betreffen Onlinehändler nur soweit diese über Marktplätze verkaufen. Sie können sie aber in der Regel gar nicht selbst beeinflussen:

  • Auf Online-Marktplätzen muss darüber informiert werden, ob das Produkt von einem privaten oder gewerblichen Verkäufer angeboten wird
  • Online-Marktplätze müssen außerdem darüber informieren, wie Hauptparameter und deren relative Gewichtung die Rankings von Suchergebnissen beeinflussen.

Keine Erläurerungspflicht bei Streichpreisen

Laut Landgericht Düsseldorf (LG Düsseldorf, Urteil vom 11.11.2022, Az: 30 O 144/22) ist eine Erläuterung der Angaben bei Rabatten bzw. Streichpreisen nicht notwendig. Es ist demnach ausreichend, dass der Streichpreis den gesetzlichen Richtlinie entspricht.

Auch der „Originalpreis“ ist zulässig wenn er erläutert wird

Das LG Düsseldorf führt weiter aus, dass sich eine Erläuterungspflicht höchstens dann ergibt, wenn zusätzlich zum Streichpreis noch weitere Preisinformationen gegeben werden, wie z. B. der zuletzt geforderte Preis. Das heisst, es kann mit dem zuletzt geforderten Preis oder „Originalpreis“ dann geworben werden, wenn dieser transparentt erläutert wird.

Exkurs 1: Woher kommen eigentlich die Preisinformationen im Onlineshop?

Rabatt-Onlineshop

Grundsätzlich gibt es zwei Möglichkeiten, wie sie Preise in ihrem Shop führen:

Erstens: Sie verwalten Preise (direkt) im Shopsystem

Zweitens: Preise werden (z.B. per API) aus einem zuliefernden System mit dem Onlineshop synchronisiert. Das zuliefernde System kann ein ein ERP-System (gut), eine Middleware (auch gut) oder ein Pricing-Tool (sehr gut) sein. Diese Systeme sind in einer verteilten Software-Architektur jeweils das Lead-System für Preise und spielen diese an die verschiedenen (Online-)Verkaufskanäle aus.

Der 30-Tage Tiefstpreis sollte aus dem Lead-System für Pricing kommen

Neben dem aktuellen Preis des Artikels bzw. der Variante und dem Streichpreis gehören noch weitere Felder zum Datensatz der Preisinformationen. In der Tabelle im folgenden Beispiel werden Preise aus SAP in einen Shopify Onlineshop übertragen. Die Berechnung des 30-Tage Tiefstpreises findet bereits in SAP statt. Der entsprechende Wert wird dann in das Datenfeld für den Streichpreis im Shopsystem übertragen.

Prinzipiell kann die Berechnung auch im Onlineshop erfolgen. Shopware bietet das Features seit kurzem bereits im Basis-Paket an. Die Berechnung ist simpel, dennoch bietet z.B. Shopify kein entsprechendes Feature dafür im Basis-Paket an. Hier muss auf Zusatzmodule („Apps“) zurückgegriffen werden.

Tabelle: Beispiel für Preis-Mapping (vereinfacht)
FrontendShop-SteuerungDescription SAPShopify BackendDisplay im FrontendAnmerkungen
Preisaktueller Preis für das Produkt oder die Variante (reduzierter Preis, wenn ermäßigt)Active pricePrice• PDP
• PLP
• Cart
• Checkout
Shop-FE zeigt in Listenansicht (PLP) den „ab“-Preis für Varianten mit unterschiedlichen Preisen.
StreichpreisSAP überträgt den 30-Tage-Niedrig-Preis an ShopsystemCompare at Pricecompare_at_price• PDP
• PLP
Wird über die SAP-Schnittstelle übertragen
Auf PLP sollte sich der „von“-Preis auf den durchgestrichenen Preis der gleichen Variante beziehen.
Prozentualer Wert hinter Streichpreis (30-Tage-Preis)Shopsystem berechnet den prozentualen Wert Berechnung Prozenzwert je Variante• PDP
• PLP
UVP Preisrrp pricerrp price (meta field)• PDP
• PLP
UVP-Preis nur anzeigen, wenn der Preis niedriger ist als der UVP-Preis
GrundpreisShopsystem berechnet den prozentualen WertBerechnung Grundpreis aus Wert und Grundeinheit• PDP
• PLP
Shopsystem kalkuliert auf der Grundlage von 3 Informationen:
• Preis (Aktueller Preis SAP)
• Basiseinheit (PIM)
• Wert (z.B. Gewicht, Volumen aus PIM)
PreisersparnisShopsystem berechnet den absoluten Wert• CartFür Einzelpositionen und/oder die gesamte Bestellung
Umsatzsteuer-Hinweiswird angezeigt bei MwSt.-pflichtigen ProduktenText• PDP

Feld-Mapping für den Streichpreis

In Shopify legt man dazu ein zusätzliches Metafeld für die unverbindliche Preisempfehlung (rrp) an, sofern man nicht das Feld für den Vergleichspreis nutzten möchte. Grundsätzlich sind alle Metafelder über die Shopify-API ansprechbar. Bei Shopware kann man auf ein Plugin zurückgreifen, falls man nicht ein Feld für den UVP als Anpassung selbst im Chield-Theme erweitern möchte. In Oxid eSales ist das Feld für den UVP hingegen ein Standardfeld.

Berechnung des 30-Tage-Tiefstpreises

Auch wenn es wünschenswert ist, die Berechnung des 30-Tage-Tiefstpreises im ERP-System vorzunehmen, herrscht in der Praxis oft eine Knappheit bei ERP-Ressourcen.

Alternativ kann die (technisch sehr einfache) Berechnung des 30-Tage-Tiefstpreises auch in einer Middleware erfolgen. Preise können hier für jeden Kanal gesondert gepflegt und ausgespielt werden (siehe Skizze).

Exkurs 2: In der Praxis werden Streichpreise unterschiedlich ausgelegt

Streichpreise werden von Onlinehändlern und Marktplätzen ganz unterschiedlich umgesetzt. Die Spanne reicht hier vom Verzicht auf Streichpreise über ganz eigene Interpretationen der 30-Tage-Regelung bis zur Anzeige von zwei Streichpreisen.

Die meisten Onlinehändler behelfen sich mit dem UVP als Streichpreis, darunter besonders viele Onlineshops von Herstellern.

Statt-Preis oder Typischer-Preis: Eine Eigenkreation des Vergleichspreises bei Amazon

Streichpreise bei Amazon: Amazon scheint hier eine ganz eigene Auslegung der OMNIBUS-Richtlinien zu rabattierten Preisen zu haben (Stand 03-2023):

Preise-Rabatte-Onlineshop

Der „mittlere Preise der letzten 90 Tage, Aktionen ausgenommen“. Inwieweit das mit der OMNIBUS-Regelung konform ist, mögen Rechtsexperten beurteilen. Die Erklärung dazu in der Amazon Hilfe:

Preise-Rabatte-Onlineshop

UVP als Streichpreis

Viele Onlineshops beschränken sich auf die Darstellung des UVP bei Streichpreisen

Viele Onlineshops beschränken sich auf die Darstellung des UVP (unverbindliche Preisempfehlung des Herstellers) als Referenzpreis, so z.B. OTTO.

Klare Kommunikation bei euronics: Euronics verzichtet komplett auf Streichpreise. Dafür gibt es Visual Badges wie „Top Angebot“ oder „Valentinstag-Deal“.

Preis-Rabatt-otto
Produktlisten-Item bei OTTO
preis-rabatt-darstellung
Produktlisten-Item bei euronics – ohne Streichpreis. Auch auf der Produktdetailseite verzichtet euronics auf Streichpreise (Stand 03-2023).

Einmal mit und einmal ohne Erläuterung – UVP auf der Produktdetailseite

Auch gertenmoebel.de setzt auf den UVP als Streichpreis. Allerdings erfolgt die Erläuterung erst auf der Produktdetailseite.

streichpreis

Die Erläuterung des Streichpreises als „UVP“ folgt bei gartenmoebel.de dann auf der Produktdetailseite:

streichpreis

Falls der 30-Tage-Tiefstpreis als Streichpreis (noch) nicht zur Verfügung steht, zeigen viele Onlineshops alternativ oder zusätzlich den UVP als Referenzpreis an.

Streichpreis ohne Erläuterung

Ob die 30-Tage-Regelung eingehalten wurde oder nicht lässt sich für Verbraucher ohne textliche Erläuterung nur schwer nachvollziehen. Streichpreise ohne jede Erklärung gibts im Feelgood Onlineshop, sowohl in der Listenansicht als auch auf der Produktdetailseite.

Das ist völlig korrekt, wenn die Werte der Streichpreise die EU-Richtlinie einhalten. Zumal bei den meisten Verbrauchern die OMNIBUS-Richtlinie kaum bekannt sein dürfte.

Streichpreise auf der Produktlistenseiten im Feelgood Onlineshop

Auch auf der Produktdetailseite werden die Streichpreise nicht erläutert.

Keine Erklärung aber dafür ein Text-Label: Anzeige von Rabatt-Preisen bei Zalando

Keine Erläuterung dafür ein Label „Ursprünglich“ gibt es bei Zalando zum Streichpreis:

In der OMNIBUS-Richtlinie gilt die 30-Tage-Regelung, es wird dort aber nicht aufgeführt, dass eine Erläuterung des Streichpreises erfolgen muss.

Unklare Aussage bei Galeria Kaufhof

Im Onlineshop von Galeria Kaufhof werden zwei Streichpreise dargestellt. Während der prominent dargestellte Streichpreis ohne Erläuterung bleibt, ist der kleiner dargestellte Streichpreis durch das Label „30 Tage Bestpreis“ gekennzeichnet. Dieser entspricht jedoch dem aktuellen Preis. Zusätzlich erscheint ein Text als Tooltip für Desktop Devices, für Desktop nur auf der Produktdetailseite:

Streichpreis im Onlineshop bei Galeria Kaufhof

Offensichtlich gibt es keinen reduzierten Preis, oder doch? Der „30 Tage Bestpreis“ entspricht dem aktuellen Preis. Das ist zumindest missverständlich.

Und worauf bezieht sich der größer dargestellte Streichpreis und der prozentuale Rabatt?

Zwei Streichpreise gibts bei hessnatur

Zwei Streichpreise gibts auch im hessnatur Onlineshop: Der prominent dargestellte Streichpreis bleibt dabei ebenfalls ohne Erklärung. Der „zuletzt niedrigste Preis“ könnte der 30-Tage-Tiefstpreis sein?

Produktlisten-Item bei hessnatur: Der Streichpreis neben dem reduzierten (roten) Preis bleibt unerklärt.

Auf der Produktdetailseite ist bei hessnatur der Streichpreis deutlich prominenter hervorgehoben. Der 30-Tage-Preis ist als zusätzlicher Referenzpreis dargestellt (Label: „Zuletzt niegrigster Preis“). Fraglich bleibt, ob Kunden etwas mit den verwirrenden Preisinformationen anfangen können.

Fazit

Fast ein Jahr nach Inkrafttreten der OMNIBUS-Richtlinien zur Darstellung von Preis-Rabatten ist es interessant, wie unterschiedlich Onlineshops und Märktplätze diese umsetzen. Dabei gilt: Gut gemeint ist die kleine Schwester von schlecht gemacht.

Klare Kunden-Kommunikation

Mein Rat dazu: Eine klare und transparente Kommunikation schafft Kunden-Vertrauen, unklare Aussagen zu Rabatten könnten Kunden eher verunsichern. Im schlimmsten Fall wirken sie unseriös und sind kontraproduktiv im Sinne einer langfristigen Kundenbeziehung.

Sie sollten ihre Kunden nicht unterschätzen. Diese informieren sich sowieso auch bei anderen Anbietern und vergleichen die Preise.

Technisch gesehen, ist die Berechnung des 30-Tage-Niedrigpreis im ERP-System wünschenswert. In einem Pricing-Tool oder einer Middleware werden die Preisinformationen dann für jeden Kanal gepflegt und an den Onlineshop und andere Channels ausgespielt.

Mit transparenter Preisdarstellung Kundenvertrauen fördern

Warum eigentlich nicht aus der Not eine Tugend machen? Im Zuge der sowieso erforderlichen technischen Anpassungen, können sie gleich einige Optimierungen realisieren in Bezug auf Kundenvertrauen, Kundenbindung und Kunden-Kommunikation!

Streichpreis ohne Erläuterung

Wenn der Streichpreis der 30-Tage-Richtlinie entspricht, kann dieser weiterhin ohne Erläuterung dargestellt werden.

Streichpreise mit Erläuterung

Möchten Sie die verkaufsfördernde Wirkung von Rabattaktionen umfassender nutzen, können Sie mit zusätzlichen Erläuterungen arbeiten. Verwirrende Kennzeichnungen sollten Sie dabei aber vermeiden. Kennzeichnen Sie den Streichpreis als „Originalpreis“, „Preis vor der Aktion“ oder „zuletzt geforderte Preis„. Den zusätzlichen Referenzpreis kennzeichnen Sie z.B. als „30-Tage-Tiefstpreis„.

Erläuterung im Onlineshop-Frontend

Im Shop-Frontend lässt sich mit geringem technischen Aufwand eine Zusatz-Information zum entsprechenden Streichpreis integrieren – z.B. als Infobox – um den Referenzpreis zu erklären.

Visual Badges

Besser als intransparente Preisdarstellungen: Arbeiten Sie mit Visual Badges bzw. Produktlabels, also kleinen visuellen Hinweisen. Diese können automatisiert durch das Shopsystem ausgesteuert werden, z.B. in Produktlisten-Items auf Kategorieseiten, sobald ein Compare-at-Price Feld einen Wert enthält.

In Shopify oder Shopware gibt es z.B. dafür einige gute und teilweise kostenlose Apps. Mit etwas Programmierkenntnissen lässt sich das aber einfach selbst umsetzen.

Ersparnis als Kundevorteil kommunizieren

Umsatzsteigernd wirken sich auch Angaben zur konkreten Ersparnis aus. Diese kann als Prozentwert oder als absoluter Wert angezeigt werden. Natürlich sollte der Referenzpreis korrekt sein, z.B. der UVP.

Eine Addition der Rabatte je Position im Warenkorb unterstützt die Konversionsrate nachweislich. Die Ersparnis je Item sowie die Gesamtersparnis kann dann als Summe ausgewiesen werden, z.B. „Sie sparen 10,00 + 15,00 = 25,00 Euro„.


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